Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz 2012

KindNamRÄG 2013

Das Bundesgesetz zur Änderung des Allgemeinen Gesetzbuches u.a. wurde am 5. Dezember 2012 im Nationalrat beschlossen.

Die Änderungen traten überwiegend am 1. Februar 2013 in Kraft.

Die wichtigsten Änderungen umfassen im Überblick folgende Punkte:

  1. Obsorge bei Auflösung der Ehe und der häuslichen Gemeinschaft
  2. Obsorge bei unehelichen Kindern
  3. Gleichbehandlung unehelicher Kinder
  4. Kindeswohl
  5. Kontaktrecht
  6. Familiengerichtshilfe
  7. Namensrecht
  8. Einheitliche Altersgrenze für Adoption
  9. Patchworkfamilie

1. Obsorge bei Auflösung der Ehe und der häuslichen Gemeinschaft

Grundsätzlich soll die gemeinsame Obsorge der Eltern auch nach Auflösung der häuslichen Gemeinschaft aufrecht bleiben. Die Eltern können jedoch vor Gericht eine Vereinbarung schließen, wonach

Im Fall einer Obsorge beider Elternteile nach Auflösung der Ehe oder der häuslichen Gemeinschaft haben diese vor Gericht eine Vereinbarung darüber zu schließen, in wessen Haushalt das Kind hauptsächlich betreut wird.

Sofern dies dem Wohl des Kindes entspricht, hat das Gericht eine vorläufige Regelung der elterlichen Verantwortung – Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung – zu treffen, wenn

Im Zuge der Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung, die mindestens 6 Monate dauern kann, bleibt die bisherige Obsorgeregelung aufrecht, aber das Gericht trägt einem Elternteil die hauptsächliche Betreuung des Kindes in seinem Haushalt auf und räumt dem anderen Elternteil ein ausreichendes Kontaktrecht ein, so dass auch dieser Elternteil die Pflege und Erziehung des Kindes wahrnehmen kann.

Nach Ablauf des Zeitraumes hat das Gericht auf der Grundlage der Erfahrungen in der Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung einschließlich der Leistung des gesetzlichen Unterhalts und nach Maßgabe des Kindeswohles über die Obsorge endgültig zu entscheiden. Zum Zweck der Vorbereitung der Entscheidung kann das Gericht die Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung auch verlängern. Wenn das Gericht beide Eltern mit der Obsorge betraut hat, hat es auch festzulegen, in welchem Haushalt das Kind hauptsächlich betreut wird.

Zu beachten ist, dass das Gericht künftig auch bei strittigen Trennungen und gegen den Willen der Eltern eine gemeinsame Obsorge festlegen kann, soweit es dem Wohl des Kindes entspricht.

2. Obsorge bei unehelichen Kindern

Die Obsorge unehelicher Kinder steht grundsätzlich der Mutter zu. Bisher musste die gemeinsame Obsorge unehelicher Kinder, auch wenn die Eltern zusammen leben, gerichtlich vereinbart werden, soweit dies dem übereinstimmenden Willen beider Eltern entsprach. Dies ist auch weiterhin möglich. Neu ist hingegen, dass die Bestimmung über die Obsorge beim Standesamt vorgenommen werden kann. Das Standesamt hat das zuständige Gericht über die Erklärung der Eltern über die Bestimmung der Obsorge zu informieren.

Der Weg zu Gericht ist damit nicht mehr erforderlich, jedoch nicht ausgeschlossen. Die Bestimmung über die Obsorgeregelung kann einseitig und ohne Angabe von Gründen binnen acht Wochen beim Standesamt auch wieder widerrufen werden.

In diesem Zusammenhang neu ist, dass ledige Väter die gemeinsame oder alleinige Obsorge auch gegen den Willen der Mutter beantragen können. Die Entscheidung trifft in diesen Fällen das Gericht.

3. Gleichbehandlung unehelicher Kinder

Der Begriff uneheliches Kind wird künftig beseitigt. Weiters kommt es zu einer Beseitigung des Rechtsinstitutes der "Legitimation durch nachfolgende Ehe" und der "Ehelichkeitserklärung durch das Staatsoberhaupt". Darüber hinaus sind auch Änderungen bzw. Gleichstellungen im Namensrecht vorgesehen (siehe Namensrecht). Bestehen bleibt jedoch, dass das Kind von Geburt an den Namen der Mutter erhält soweit keine anderslautende Bestimmung getroffen wird. Bei unverheirateten Eltern wird anfänglich die alleinige Obsorge der Mutter zugeteilt (siehe Gemeinsame Obsorge bei unehelichen Kindern).

4. Kindeswohl

Oberste Priorität hat wie auch bisher das Wohl des Kindes. Im Zuge der Änderungen erfolgt eine gesetzliche Definition des "Kindeswohls". Wichtige Elemente hierfür sind zum Beispiel angemessene Versorgung, Fürsorge, Wertschätzung, Förderung der Fähigkeiten.

5. Kontaktrecht

Eltern müssen bereits bei der Scheidung Regelungen über die Ausübung des Kontaktrechts festlegen. Es wird nunmehr die gerichtliche Durchsetzung des Besuchsrechts gegenüber jenem Elternteil möglich sein, der zum Nachteil des Kindes den persönlichen Verkehr unterlässt. Hierfür ist ein Maßnahmenkatalog vorgesehen, der u.a. einen Auftrag zur Erziehungsberatung, Aufforderung zur Mediation, Entzug des Obsorgerechts, etc. beinhaltet. Weiters kann das Gericht einen sogenannten "Besuchsmittler" zur Verfügung stellen, der durch seine Anwesenheit und Überwachung die ordnungsgemäße Über- und Rückgabe des Kindes erleichtert.

Neu ist auch, dass auch dem nicht im gemeinsamen Haushalt mit dem Kind lebenden leiblichen Elternteil, pro Jahr eine Woche Pflegeurlaub zusteht.

6. Familiengerichtshilfe

Das Gericht hat nunmehr die Möglichkeit, Psycholog/innen und Sozialarbeiter/innen bei Bedarf mit konkreten Erhebungstätigkeiten vor Ort zu beauftragen. Es wird dabei auch die Möglichkeit einer gütlichen Einigung geprüft. Das Gericht sollte auf Grundlage der von der Familiengerichtshilfe aufbereiteten Sachlage die Möglichkeit haben, eine vorläufige Entscheidung zu treffen. Die bereits bestehenden Institutionen, wie Jugendwohlfahrt oder gerichtlich beeideter Sachverständiger bleiben neben der Familiengerichtshilfe bestehen.

7. Namensrecht

Das neue Namensrecht sieht Änderungen beim Namen des Kindes verheirateter Eltern vor. Bisher konnten Kinder keinen Doppelnamen führen. Dies soll in Zukunft aber möglich sein. Folgende Konstellationen sind möglich:

Mit der Geburt des Kindes wird dieser Name auch der Familienname des Kindes.

Mit der Geburt des Kindes kann dieser Doppelname auch der Name des Kindes werden.

Mit der Geburt des Kindes kann einer der Name der Familienname des Kindes werden. Darüber hinaus kann der aus beiden Namen gebildete Doppelname zum Namen des Kindes bestimmt werden.

Bei unverheirateten Eltern besteht nun auch die Möglichkeit, dass das Kind den Namen des Vaters erhält. Darüber hinaus können auch Kinder, die außerhalb einer Ehe geboren werden, den Doppelnamen, der aus den Nachnamen der Eltern gebildet wird, erhalten.

Erklärungen zum Namen sind beim Standesamt abzugeben. Es besteht hierfür keine Frist. Wurde der Name jedoch bestimmt, ist nachträglich keine Änderung möglich.

Allgemein gilt und hierbei handelt es sich ebenso um eine Neuerung, dass bei fehlender Einigung über den Nachnamen des (ehelichen) Kindes, dieses jenen der Mutter erhält.

8. Einheitliche Altersgrenze für Adoption

Beide Wahleltern müssen das 25. Lebensjahr vollendet haben. Die Wahleltern müssen mindestens 16 Jahre älter sein als das Wahlkind.

9. Patchworkfamilien

Mit dem Familienrechts-Änderungsgesetz (FamRÄG 2009, BGBl. I Nr. 75/2009 vom 3.08.2009) wurden Rechte und Pflichten für den verheirateten Stiefelternteil vorgesehen. Demnach hatte dieser seine obsorgeberechtigte Ehegattin/seinen obsorgeberechtigten Ehegatten in Obsorgeangelegenheiten des täglichen Lebens zu vertreten, soweit es die Umstände erforderten.

Mit der nunmehrigen Gesetzesänderung gilt dies auch für den Stiefelternteil, wenn dieser mit dem/der Obsorgeberechtigen nicht verheiratet ist, aber im gleichen Haushalt wohnt. So steht beispielsweise auch dem Stiefelternteil pro Jahr eine Woche Pflegeurlaub für das im gemeinsamen Haushalt lebende (Stief)Kind zu.